Exklusion
1. Ursprungskontext des Begriffs
Der Begriff Exklusion stammt vom lateinischen Verb „excludere“ (dt. ausschließen, abschneiden, hindern) ab und wird im Deutschen mit den Begriffen „sozialer Ausschluss/soziale Ausgrenzung“ übersetzt. Der Exklusionsbegriff beinhaltet sowohl einen aktiven Part (ausgrenzen) als auch einen passiven Part (ausgegrenzt werden) und wird im Kontext verschiedener Wissenschaften verwendet:
· vorrangig in der Soziologie in Anlehnung an die Grundkategorie der sozialen Schließung,
· aktuell auch in der Allgemeinen Pädagogik und in der Sonderpädagogik mit Referenz auf die soziologische Verwendung zur Beschreibung des Ausschlusses von Randgruppen wie z.B. Menschen mit Behinderung, mit Migrationshintergrund, etc.,
· darüber hinaus in der Mathematik innerhalb der Zahlentheorie zur Beschreibung der Mächtigkeit von Mengen und
· in der Sprachwissenschaft als Bezeichnung eines linguistischen Verfahrens, zur Ermittlung der grammatischen Position von miteinander in Kontakt stehenden Satzgliedern nach Einfügen eines sprachlichen Elements.
Im Folgenden werden vorrangig die Diskurse in der Soziologie im Allgemeinen (siehe Gliederungspunkte 2-3) und in der Pädagogik in Bezug auf das Exklusionsrisiko „Behinderung“ (siehe Gliederungspunkt 4) skizziert.
Innerhalb der Soziologie existiert kein einheitlicher theoretischer Exklusionsbegriff. Als kleinster gemeinsamer Nenner verschiedener Positionen lässt sich jedoch festhalten, dass mittels des Exklusionsbegriffs im sozialtheoretischen und bildungspolitischen Diskurs vorrangig soziale Selektionsprozesse, sowie deren Ergebnisse beschrieben werden, wie z.B. der Verlust von Teilhabechancen oder der Mangel an sozialer Bedeutung und sozialen Beziehungen.
Exklusion wird in diesem Kontext vorrangig negativ konnotiert. Die Selektivität von Exklusionsprozessen muss jedoch nicht zwangsläufig als negativ erlebt und bewertet werden, z.B. kann der Ausschluss aus einem Verein auch unproblematisch sein, wenn sich eine Person gar nicht für die Mitgliedschaft interessiert. Exklusion kann ggf. auch zum Schutz von Personengruppen dienen, wie zum Beispiel beim Verbot von Kinderarbeit (vgl. Kronauer 2010a, 25).
„Problematisch wird soziale Schließung erst als Mittel der Eroberung und Durchsetzung von Macht – sobald damit für die Ausgeschlossenen soziale Lebenschancen beeinträchtigt werden. Dies kann auf unterschiedlichen Wegen geschehen, durch physische Einschließung im Sinne von erzwungener räumlicher Immobilität, durch physische Ausschließung auf dem Weg erzwungener räumlicher Mobilität und/oder durch die soziale Ausschließung von Ressourcen, die andere monopolisiert haben.“ (ebd.)
Es lassen sich im sozialtheoretischen und sozialpolitischen Diskurs grob zwei Ursprungskontexte des Exklusionsbegriffs unterscheiden (vgl. Kronauer 1998, 117 f.; Stichweh 2009, 29 f.), die verschiedene inhaltliche Ausrichtungen aufweisen und differente wissenschaftstheoretische Bezüge verwenden:
· Diskurs zur sozialen Ungleichheit in der Sozialtheorie und -forschung
Innerhalb der Debatte um soziale Ungleichheit lassen sich wiederum verschiedene internationale Strömungen unterscheiden (siehe dazu auch Gliederungspunkt 2):
o Französische Sozial- und Ungleichheitstheorie (Emile Durkheim, Pierre Bourdieu, René Lenoir): der Ausgangspunkt des Exklusionsbegriffs in Frankreich wird dem Erscheinen des Buches „Les exclus: Un Francais sur dix“ von René Lenoir zugeschrieben (vgl. Wansing 2005, 57). Inklusion und Exklusion werden als das Gelingen oder Scheitern von Solidarität innerhalb der Gesellschaft verstanden (vgl. Stichweh 2009, 29).
Von Frankreich aus wurde der Exklusionsbegriff seit 1989 in die politischen Programme der Europäischen Gemeinschaft zur Bekämpfung von Arbeitslosigkeit und Armut getragen (vgl. Kronauer 1998, 117; 2010a, 24).
o Britische Wohlfahrtstheorie (Thomas H. Marshall): Exklusion bezieht sich auf den Verlust von Partizipationschancen an einem „Mindestmaß an wirtschaftlicher Wohlfahrt und Sicherheit“ sowie an den „vorherrschenden Standards“ (vgl. Kronauer 2010b, 29) des gesellschaftlichen Lebens (s. dazu auch Stichweh 2009, 29).
· Exklusionsdiskussion in der soziologische Systemtheorie (Talcott Parsons, Niklas Luhmann)
Die Systemtheorie sieht Exklusion nicht als ein historisch erzeugtes und somit auch überwindbares Problem an, sondern vielmehr als eine Funktionsbedingung moderner Gesellschaften (vgl. Kronauer 2010b, 30). Inklusion und Exklusion werden als zweiseitiges Beobachtungsschema zur Beschreibung der Relevanz von Individuen für Sozialsysteme genutzt (siehe dazu auch Gliederungspunkt 3).
Es zeigt sich eine Kontroverse um die inhaltliche Ausrichtung des Exklusionsbegriffs zwischen der soziologischen Systemtheorie und der internationalen Ungleichheitsforschung (Armut und Arbeitslosigkeit). Während die VertreterInnen der Ungleichheitsforschung vorrangig historisch und anhand von normativen Werten argumentieren, beschreiben VertreterInnen der Systemtheorie Exklusion allgemein theoretisch und als ein zeitlich unabhängiges Phänomen.
2. Exklusion im Kontext der sozialpolitischen Debatte über Ungleichheit
Innerhalb der internationalen Debatte über Ungleichheit liegt kein einheitliches Theoriegebäude zum Exklusionsbegriff vor (vgl. Kronauer 2010b, 44ff). Es lassen sich drei zentrale Argumentationslinien aufzeigen:
· Exklusion als Ausschluss am Arbeitsmarkt und Auflösung sozialer Bindungen
· Exklusion als Verlust von sozialen Teilhabemöglichkeiten
· Exklusion als Prozess und Zustand (vgl. ebd., 249)
Exklusion als Prozess und nicht nur als Zustand zu beschreiben, impliziert, dass verschiedene Formen bzw. Grade der Ausgrenzung möglich sind und Exklusion umkehrbar ist (vgl. Kronauer 1999, 12; 2010b, 47).
Seit Mitte der 80er Jahre wird in der Debatte um soziale Ungleichheit der Begriff Exklusion normativ eingesetzt, um die Ausgrenzung und den Verlust von materiellen, politisch-institutionellen oder kulturellen Teilhabemöglichkeiten, vor dem Hintergrund der Vorstellung angemessener Lebenschancen, zu beschreiben. Die zentrale Frage dabei ist:
„Erlauben sie es (die sozialen Rechte), ein „menschenwürdiges Leben“ zu führen, wie es im Grundgesetz verpflichtend heißt, oder lassen sie dies nicht zu? Inklusion bemisst sich somit nicht allein an der formalen Einbeziehung in Institutionen, sondern auch und vor allem an der sozial-materiellen Qualität möglicher Teilhabe, die durch die Institutionen vermittelt wird. Das gleiche gilt für Exklusion.“ (Kronauer 2010a, 44).
Es geht dabei weniger um die Beschreibung von Ausgrenzung aus der Gesellschaft, sondern eher um die Ausgrenzung in der Gesellschaft (vgl. Kronauer 2010a, 41; Bude 2004, 13). Individuen werden nicht vollständig aus sozialen Bezügen ausgegrenzt, denn Sozialhilfeempfänger haben beispielsweise an den Marktbeziehungen und, wenn auch in unterschiedlicher Form, an den Bürgerechten Anteil. Mit Exklusion sind demnach Ungleichheitsverhältnisse innerhalb der Gesellschaft gemeint.
In der Armutsforschung werden darüber hinaus im Kontext von Exklusion kumulierende Bedingungen erfasst, das bedeutet, dass Folgebeziehungen des Ausschlusses aus einem Bereich mit Blick auf die anderen Lebensbereiche betrachtet werden (ebd.). Bedeutsam ist dabei, dass Exklusion nicht nur als eine Problemlage von Randgruppen und der sogenannten „Unangepassten“ gilt, sondern durch Armut und Arbeitslosigkeit auch in der Mitte der Gesellschaft anzutreffen ist (vgl. Bude 2004, 9).
3. Exklusion und Inklusion aus der Perspektive der soziologischen Systemtheorie
In der systemtheoretischen Literatur wird der Exklusionsbegriff ebenfalls nicht einheitlich verwendet (vgl. Kronauer 1998, 199). Exklusion wird einerseits als Voraussetzung von Inklusion verstanden:
„Um an der Kommunikation der Funktionssysteme teilhaben zu können, dürfen die Individuen nur partiell (…) eingebunden sein: als Träger bestimmter Rollen und gebunden durch die jeweiligen Regeln der Kommunikation. Dies ist in der Tat die Voraussetzung dafür, daß sie in der Lage sind, die Rollen zu wechseln und an mehreren oder allen Funktionssystemen teilzunehmen. In diesem Sinne setzt Inklusion (der Person) die Exklusion (von Individualität) voraus. Die Systemtheorie spitzt diesen Gedanken in der Formulierung zu: „Individualität ist Exklusion“ (Nassehi 1997, 127, zit. n. Kronauer 1998, 119)
Luhmann prägte andererseits Mitte der 90er Jahre den Begriff der Exklusion als das Pendant zur Inklusion (vgl. ders. 1994a). Exklusion dient nach Luhmann der Beschreibung der Irrelevanz eines Individuums/einer Person für soziale Systeme wie die Funktionssysteme der Gesellschaft (z.B. Erziehung, Wirtschaft, Recht, etc.), deren Organisationen und Interaktionen (vgl. ders. 1995, 241).
Die Gesellschaft besteht systemtheoretisch betrachtet nicht aus Menschen, sondern aus Kommunikation. Individuen können nur über soziale Adressen (Rollen- und Personenzuschreibungen) für soziale Systeme (Funktionssysteme, Organisationen und Interaktionen) Bedeutung erlangen.
Bei der Beobachtung von Inklusion/Exklusion in einem Sozialsystem handelt es sich nach Luhmann um eine binäre entweder/oder-Entscheidung und nicht um eine graduelles Konzept (vgl. Luhmann 2002, 116 u. 123). In einem Verein kann eine Person Mitglied sein, oder sie ist es nicht, sie kann aber nicht ein bisschen inkludiert oder exkludiert sein. Wenn eine Seite der Unterscheidung aktuell beobachtet wird, muss die andere komplementär berücksichtigt werden. Jede Kommunikation bzw. jedes soziale System bedient sich dieses Schemas und somit bringt auch jede Rollenzuschreibung Inklusion und Exklusion gleichermaßen hervor. Beide Seiten können nur anhand von Zuschreibungsleistungen beobachtet werden (vgl. Hafen 2011, 87).
Exklusion beschreibt jedoch auch keinen fixen Zustand, sondern eine system- und zeitbezogene Beobachtung. Während die Inklusion bei einem Kindergartenkind im Organisationssystem Kindergarten beobachtet werden kann, kann parallel Exklusion in anderen Organisationssystemen wie z.B. Schule oder Seniorenresidenz beschrieben werden.
Exklusion stellt keine Ausnahme und kein Problem dar, dass demnächst gelöst werden könnte, sondern gilt vielmehr als eine Regelmäßigkeit in der Operationsweise von Sozialsystemen. Exklusion entsteht unter „normalen Stabilitätsbedingungen“ (Luhmann 1997, 619) und stellt eine Grundbedingung moderner Gesellschaften dar. Eine grundsätzliche Überwindung dieses Mechanismus kann aufgrund der funktionalen Differenzierung der Gesellschaft nicht erfolgen.
Exklusion aus systemtheoretischer Sicht beobachtet, wirft nicht die Frage nach der Bewertung dieses Schemas auf, sondern die Frage nach den Ursachen, der Funktionsweise und den Wirkungsbeziehungen. Inklusion/Exklusion stellen in diesem gesellschaftstheoretischen Verständnis kein moralisierendes Schema dar (vgl. Fuchs 2004). Es werden keine Menschen ausgeschlossen, sondern kommunikative Zuschreibungen benannt.
Aus dieser neutralen Position heraus ist eine kontroverse Debatte um dieses Begriffsverständnis entstanden, da gesellschaftliche Bedingungen nicht in Frage gestellt werden, sondern das Begriffspaar Inklusion/Exklusion als ein Instrument zur Gesellschaftsanalyse gesehen wird. Bezüglich der Systemtheorie beschreibt Wetzel die Intention sehr prägnant: „Mit Systemtheorie allein kann man Interventionstheorie betreiben, aber keine Intervention.“ (ders. 2004, 337)
4. Exklusion von Menschen mit Behinderung im Bildungssystem aus der Perspektive der Sonderpädagogik
Im Rahmen der Diskussion zur Exklusion im Kontext von Behinderung[1] findet sich auch keine einheitliche Verwendung des Begriffs – vielmehr sind auch hier die oben beschriebenen Ursprungskontexte in den Begriffsdefinitionen erkennbar.
4.1 Positionen mit Bezügen zur Ungleichheitsdebatte
In einigen Positionen zur Exklusionsdebatte im Kontext von Behinderung wird die Zuweisung der Zugehörigkeit zu Sonderschulformen als Entzug von gerechten Teilhabechancen und Qualifikationsmöglichkeiten für den Arbeitsmarkt gesehen und als Exklusion bezeichnet. Zwar haben alle SchülerInnen in der Bundesrepublik Deutschland das Recht auf Schulbesuch und Bildung, können jedoch in den unterschiedlichen Organisationsformen nur unterschiedliche Abschlüsse erreichen. Somit sind in diesem Diskurs Bezüge zum sozialtheoretischen Diskurs zur Ungleichheit erkennbar.
Seit der von der UNESCO mitveranstalteten Weltkonferenz zum Thema „Special Needs Education: Access and Quality“ (Pädagogik für besondere Bedürfnisse: Zugang und Qualität) in Salamanca 1994 wird der Inklusionsbegriff in der Sonder-/Pädagogik verstärkt verbreitet und als Gegenbegriff zur Exklusion diskutiert (vgl. Sander 2002). Inhaltlich bleibt der Begriff jedoch relativ unscharf:
„Exclusion in schools shows the seeds of social discontent and discrimination. Education is a human rights issue and persons with disabilities should be part of schools, which should modify their operations to include all students. This is the message that was clearly articulated at the 1994 UNESCO World Conference on Special Educational Needs.” (Karagiannis, Stainback & Stainback 1996, 3, zit. n. Sander 2002, 2)[2].
Die Begriffe Inklusion und Exklusion werden auch im Rahmen des Entwicklungsmodells der Sonderpädagogik von Bürli (vgl. ders. 1997) erörtert, das in der Disziplin eine deutliche Verbreitung gefunden hat (vgl. Wocken 2010, 1). Innerhalb dieses Modells (in der Erweiterung durch Sander und Hinz (vgl. Sander 2002; Hinz 2004)) verläuft die Entwicklung der professionellen Begleitung von Menschen mit Behinderung über fünf zeitbezogene Phasen (vgl. Wocken 2010, 1 f.): Extinktion (Auslöschung bzw. Tötung des Personenkreises), Exklusion (Ausschluss), Separation, Integration (Teilhabemöglichkeiten unter Ressourcenvorbehalt) und Inklusion (Verschiedenheit als Normalität).
„In der Phase der Exklusion werden Kinder mit Behinderung ganz und gar aus dem Bildungs- und Erziehungssystem ausgeschlossen, sie haben kein Recht auf Bildung und sind von der Schulpflicht befreit. Behinderte Kinder gelten als „bildungsunfähig“, sie werden in Anstalten verwahrt oder verbleiben im besten Fall im familiären Kreis. Weltweit besuchen zu Beginn des 21. Jahrhunderts etwa 90 Prozent aller behinderten Kinder keine Schule!“ (Wocken 2010, 1).
Wocken ordnet diesem Modell Qualitätsstufen der Behindertenpolitik zu. Auf der Stufe der Exklusion wird zwar im Vergleich zur Extinktion das Lebensrechts von Menschen mit Behinderung als Basis der Menschenwürde aller gesichert (vgl. ebd., 2). Weitereichende Werte wie die Sicherung des Bildungsrechts oder die „Aufgabe des Status der Andersartigkeit“ werden dabei nicht erreicht (vgl. ebd., 3). In diesem Modell einer gestuften Wertehierarchie wird Exklusion als Stufe der Sicherung des Lebensrechtes gewürdigt, jedoch die Stufe der Inklusion als Zielperspektive vollumfassender Rechtsgüter angestrebt.
4.2 Positionen mit Bezügen zur Systemtheorie
Andere Autoren, die sich mit Behinderung im Kontext von Inklusion/Exklusion befassen, referieren auf das systemtheoretische Verständnis dieser Begriffe (z.B. Fuchs 2002 und 2010; Wetzel 2004; Wansing 2005; Moser 2003 u. 2008; Terfloth 2008; Puhr 2009; Balgo 2010). Das Erziehungssystem als gesellschaftliches Funktionssystem realisiert das Inklusionsgebot durch die Schulpflicht. Mit Blick auf verschiedene Schulformen wird Inklusion über die Mitgliedschaft geregelt. Die Aufnahmekriterien bestimmt die Organisation. Von Exklusion wäre in diesem Zusammenhang z.B. bei einem Schulverweis die Rede. Dabei handelt es sich jedoch um eine temporäre Exklusion bei der die spätere Inklusion in eine andere Organisation gleich mitgedacht wird. Dennoch stellt auf der Organisationsebene die Exklusion den Normalfall dar, da die Mitgliedsbestimmungen hoch selektiv angelegt werden (vgl. Hafen 2011, 9). Luhmann (1994b, 193) stellt fest: „Innerhalb der Organisation und mit ihrer Hilfe lässt sich die Gesellschaft die Grundsätze von Freiheit und Gleichheit scheitern“. Auf der Ebene der Interaktionssysteme stellt sich die Frage, ob ein Einbezug ins Unterrichtsgeschehen z.B. durch Adressierung erfolgt oder ob durch die Leistungsanforderungen und das sprachliche Niveau Exklusion aus der Unterrichtskommunikation begünstigt wird.
Ausgehend von der Funktion der Sozialsysteme kann Exklusion als Mechanismus der Komplexionsreduktion beschrieben werden. Gesellschaftliche Funktionssysteme bilden Subsysteme aus, um Exklusionsfolgen zu mindern. Beispielsweise erfüllt die Disziplin der Sonderpädagogik die Funktion, den Ausschluss aus den Regelinstitutionen des Erziehungssystems zu kompensieren (vgl. Fuchs 2002, 3; Bude 2004, 13; Terfloth 2008, 111 f.)
Auch im Kontext von Behinderung zeigt sich wiederum die Kontroverse um die inhaltliche Ausrichtung des Exklusionsbegriffs: Einerseits wird vorrangig historisch und auf der Basis normativer Werte argumentiert und Exklusionsprozesse werden als gewachsen und überwindbar angesehen (Bezug zum Diskurs zur Ungleichheit, siehe Gliederungspunkt 4.1). Andererseits wird die Systemtheorie als allgemein theoretische Beschreibungsfolie des Phänomens Exklusion verwendet (siehe Gliederungspunkt 4.2). Die Beschreibungstiefe und die Anwendungsintentionen dieser Positionen sind unterschiedlich.
Literatur:
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Bude, Heinz (2004): Das Phänomen der Exklusion. Der Widerstreit zwischen gesellschaftlicher Erfahrung und soziologischer Rekonstruktion. In: Mittelweg 36, Heft 4, 3-15.
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Kontakt:
Prof. Dr. Karin Terfloth
März 2013
Quellenverweis: http://www.inklusion-lexikon.de/Exklusion_Terfloth.php
[1] Grundsätzlich lassen sich die Exklusionsrisiken nicht nur auf Behinderung, sondern auch auf andere Kategorien wie Migrationshintergrund, Gender, sozioökonomischer Status, etc. beziehen.
[2] Sander übersetzt das Zitat wie folgt: „Exklusion im Schulwesen sät die Saat der sozialen Unzufriedenheit und der Diskriminierung. Bildung ist ein menschliches Grundrecht, und Personen mit Behinderungen sollen in Schulen aufgenommen werden, die ihre Arbeitsweise so ändern, dass sie alle Schüler und Schülerinnen einbeziehen können. Dies ist die Botschaft, die auf der UNESCO-Weltkonferenz über besondere pädagogische Bedürfnisse 1994 klar artikuliert wurde.“ (Sander 2002, 2)